Kompakte Raumstrategie in einer sensiblen Umgebung
Das Ferienhaus an den Dünen der Ostsee liegt eingebettet in einer waldigen Umgebung mit kleinmaßstäblichen Reetdach-Häusern. Die Herausforderung bestand darin, ein Gebäude zu entwerfen, das sich städtebaulich zwischen Wald- und Grundstücksgrenzen einfügt und den funktionalen Anforderungen einer großen Familie sowie zusätzlicher Gäste gerecht wird.
Früh wurde deutlich, dass die Abmessungen der Umgebungsbebauung für das anvisierte Raumprogramm nicht ausreichen würden. Zudem schloss die Lage an der Küste mit einem hohen Grundwasserspiegel die Möglichkeit eines Kellers aus, sodass der gesamte Raumbedarf oberirdisch organisiert werden musste. Vor diesem Hintergrund entstand das Konzept, drei kleinere, archetypische Baukörper zu einem einzigen, zweigeschossigen Gebäude zu verschränken. Diese volumetrische Strategie ermöglicht es, den Maßstab der umgebenden Bebauung weiterzubauen und ein funktionales Wohnhaus mit angeschlossener Garage zu realisieren.
Trotz der kompakten Bauweise ist das Gebäude ein wahres Raumwunder: Durch die präzise Abstimmung von Raumprogramm und Volumengliederung gelingt es, großzügige Wohnbereiche zu schaffen, ohne die kleinteilige Maßstäblichkeit der Umgebung zu verlieren. Die gezielte Überlagerung von Funktionen reduziert Erschließungswege und schafft klare Raumbeziehungen, die trotz begrenzter Grundfläche ein hohes Maß an Wohnqualität bieten. Einbaulösungen wie integrierte Stauräume, Schlafkojen und maßgefertigte Schranksysteme gewährleisten eine optimale Nutzung des vorhandenen Volumens.
Im Erdgeschoss bestimmen großzügige, stützenfreie Räume die Atmosphäre. Die Funktionsbereiche Wohnen, Essen, Kochen, Entree und Garage sind als zusammenhängendes Raumkontinuum konzipiert und können flexibel über großformatige Pivot-Türen zoniert werden. Eine vollverglaste Gartenfront erweitert den Innenraum nach außen und sorgt für einen fließenden Übergang zwischen dem Gebauten und der Natur. Die Garage lässt sich durch große Tore zum Garten hin öffnen, sodass sie im Sommer als zweites Wohnzimmer genutzt werden kann.
Über eine minimalistische Holztreppe erreicht man das Obergeschoss, das über eine weitläufige Galerie erschlossen wird. Diese erzeugt mit einer Raumhöhe von bis zu sechs Metern eine beeindruckende räumliche Qualität und verbindet die einzelnen Privaträume. Zusätzlich werden Flächen in den Drempelbereichen und im Spitzboden unter dem Dach genutzt, um Rückzugsorte und Stauraum zu schaffen.
Die Materialität und Detaillierung folgen dem Prinzip der nachhaltigen Wertigkeit und vereinen handwerkliche Präzision mit zeitloser Ästhetik. Eine reduzierte Materialpalette aus natürlichen, langlebigen Werkstoffen wie Holz, Stein und Metall verleiht dem Gebäude eine harmonische Ausstrahlung.
Das individuell entwickelte Fassadensystem mit einer offenen Profilholzschalung in vergrauter Lärche integriert funktionale Elemente unauffällig in die Gebäudehülle, sodass eine klare Architektursprache erhalten bleibt. Die rahmenlosen Fensterelemente, die als Sonderbauteile ausgeführt sind, ermöglichen eine nahtlose Integration des Sonnenschutzes und der in den Fensterlaibungen versteckten Insektenschutz-Plissees. Vorgelagerte variable Sichtlamellen bieten kombiniert mit dem innenliegenden Blendschutz eine gezielte Steuerung von Transparenz und Privatsphäre. Große Glasflächen sorgen für eine lichtdurchflutete Atmosphäre und ermöglichen ein unmittelbares Erleben der umgebenden Landschaft.
Die Innenräume sind durch hohe Detaillierung geprägt: Küchen, Bäder und Garderoben fügen sich nahtlos in das architektonische Konzept ein. Maßgefertigte Einbauten, darunter funktionale Medienregale und durchdachte Hauswirtschaftsbereiche, wurden präzise integriert. Hochwertige Materialien wie gebürstetes Lärchenfurnier, nasslackierte MDF-Oberflächen, Schwarzstahl und kaltgewalzter Edelstahl prägen die Innenraumgestaltung und unterstreichen die handwerkliche Qualität. Die warme Haptik der Holzbeläge steht im Dialog mit Sichtestrich und geschliffenem Naturstein. Ein besonderes Detail stellen die handgefertigten Bronze-Armaturen einer kleinen Manufaktur dar, die mit ihrer warmen Patina und einzigartigen Haptik die Wertigkeit der Gestaltung zusätzlich unterstreichen. Der Boden aus Walzterrazzo mit lokalem Buntkies der Ostseeregion verbindet robuste Langlebigkeit mit regionaler Verankerung und verleiht den Räumen eine subtile, natürliche Textur. Die sorgfältige Verarbeitung und die unsichtbare Integration technischer Elemente betonen die klare Formensprache und verstärken den Anspruch an eine nachhaltige Bauweise.
Das Ergebnis ist ein kompakter, funktional optimierter Baukörper, der die kleinmaßstäbliche Struktur der Umgebung aufgreift und weiterentwickelt. Die Abstimmung von Volumen, Raumorganisation und Materialität schafft eine Architektur, die sich harmonisch in ihr Umfeld einfügt und gleichzeitig ein Maximum an Wohnqualität auf begrenztem Raum ermöglicht.
Standort | Darß an der Ostsee |
Bauherr | Privat |
Zeitraum | 2020-2024 |
Bauvolumen | NF 275m2 |
Verfahren | Direktauftrag |
Tragwerk | HHT Ingenieure |
Architektur | Büro Bonauer, Berlin |
Markus Bonauer, Michael Bölling | |
Team | Lukas de Pellegrin |